Auf den Spuren der Tzotzil Mayas
Auf der Suche nach dem Ursprung der Kultur von Mexiko zieht mich meine Reise nach San Cristobal de las Casas im Bundesstaat Chiapas. Die Stadt liegt im Kessel eines Tales auf rund 2.100 m Höhe. Jedoch ist es nicht die Kolonialstadt selbst, die diese Region prägt, sondern die Urbevölkerung in den umliegenden Bergdörfern.
Wir machen uns auf den Weg nach San Juan Chamula. Der kleine Ort liegt circa 10 km von San Cristobal entfernt und ist Heimat der Tzotziles Mayas – eine der größten indigenen Gruppen in Chiapas. Die Geschichte des Ortes fasziniert: Vor der spanischen Eroberung war das Dorf bereits ein wichtiges Zentrum der Tzotzil- Bevölkerung. Im Jahr 1524 erreichten die Spanier den Ort und nahmen ihn ein. Unter der Führung des Soldaten Bernal Diaz del Castillo versuchten die Spanier gewaltsam den katholischen Glauben zu verbreiten. Über Jahre hinweg kämpften die Einheimischen erbittert für ihre Religion. Viele Aufstände, Rebellionen und Unterdrückung zeichnen die Vergangenheit der Tzotziles. Erst im Jahre 1994 kam es zur siegreichen Revolution, die zur Autonomisierung des Verwaltungsbezirkes Chamulas führte.
Heute leben rund 70.000 Einwohner in Chamula, von denen 99% die indigene Sprache Tzotzil sprechen. Die Menschen halten stark an ihrer Kultur und ihrem traditionellen Glauben fest, der sich nun aus Teilen des Katholizismus und der alten Religion zusammensetzt. Ein Besuch der Kirche Iglesia de San Juan Bautista im Ort San Juan de Chamula bietet den Besuchern einen Einblick in diese interessante Welt.
Mit Schnaps und HUHN ZUM ALTar
Betritt man die Kirche, fällt eines direkt auf – hier ist nichts wie in einem gewöhnlichen Gotteshaus! Es gibt weder Bänke noch einen Altar. Der Boden ist bedeckt von Kiefernadeln und es brennen rund 1.000 Kerzen im gesamten Gebäude. Die Menschen knien auf dem Boden vor brennenden Kerzen, reden laut ihr Gebet. Manchen tragen Hühnereier bei sich, andere ein ganzes Huhn. Die Familie sitzt zusammen, sie trinken Cola und Schnaps.
Unser Guide ist selbst Tzotzil und klärt uns über die religiösen Rituale auf. Besonders interessant ist der Ritus des sogenannten „ilols“ (Schamane), der in die Kirche kommt, um die Menschen zu heilen. Die Tzotzil gehen nicht zum Arzt. Sie lassen sowohl leichte als auch schwere Erkrankungen von den Göttern heilen. Dabei werden antike Heilungsrituale praktiziert, bei denen Eier (für leichte Erkrankungen) und lebendige Hühner (für schwere Erkrankungen) in der Kirche geopfert werden.
„Hast du also eine schwere Krankheit, gehst du mit deinem ilol und einem Huhn in die Kirche. Man zündet seine Kerzen an, trinkt eine Falsche Cola aus. Wichtig dabei ist der Rülps am Ende, dieser reinigt dich und bereitet dich für die Heilung vor. Der Schamane beginnt mit dem Gebet, das laut gesprochen wird. Er bittet die Götter, die schlechten Geister des Kranken auf das Huhn zu übertragen. Anschließend brechen sie dem Huhn das Genick und beerdigen es. Damit beginnt deine Genesung.“ erklärte uns der Guide.
Wie gefesselt schauen wir zu, wie die Einheimischen für Heilung, eine gute Ernte oder Regen beten und fühlen uns der Maya Kultur ein ganzes Stück näher… (Text von Anna Henkel)